Ausbildung in der Organisationsentwicklung
Wie läuft eine Ausbildung in der Organisationsentwicklung ab? – Im Interview mit Dr. Justine Walter
Wie sieht bei einer Ausbildung in der Organisationsentwicklung der Weg zum Zertifikat aus? Und was erwartet dich genau in der Abschlussprüfung? Dr. Justine Walter hat die Premium-Ausbildung zum Certified Organizational Transformation Coach bereits absolviert und teilt ihre Erfahrungen hier mit uns.
Liebe Justine, du beschäftigst dich beruflich schon lange mit Change-Prozessen und Organisationsentwicklung. Wieso hast du beschlossen, noch die Ausbildung zum Certified Organizational Transformation Coach (Steinbeis+Akademie) zu absolvieren?
In meiner Arbeit als Transformations- und Innovationsberaterin habe ich es mit unterschiedlichsten komplexen Fragestellungen und Problemen zu tun. Um wirksame, unternehmensspezifische Lösungen zu entwickeln, benötige ich neben Fachwissen, Kreativität und Empathie auch ein hohes Maß an Methodenkompetenz. Ich habe mich deshalb für diese Ausbildung entschieden und in den verschiedenen Modulen eine große Bandbreite an Methoden und Tools wie Effectuation, Moonshot Questions oder das 4-mat kennengelernt. Zudem steht die Steinbeis+Akademie für die Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft. Mit dem Zertifikat zeige ich meinen Kunden im In- und Ausland, dass ich nicht nur über fundiertes Wissen verfüge, sondern Veränderungsprojekte sowohl konzeptionell und beratend als auch in der Umsetzung als Coach begleiten kann. Der Bedarf an einer solchen umfassenden Begleitung wird durch die aktuelle Pandemie-Situation, in der viele Unternehmen einen tiefgreifenden Wandel ihrer Geschäftsprozesse durchlaufen, immer größer. Aber auch technologische Disruptionen und immer schneller auf den Markt drängende digitale Geschäftsmodelle tragen dazu bei.
Wie lief deine Ausbildung in der Organisationsentwicklung ab? Wie hast du diese in deinen Berufsalltag integriert?
Bereits 2018 habe ich die Premium-Ausbildung zur Organisationsentwicklerin bei Competence on Top mit vier Modulen, u.a. Change Management und Team-Coaching abgeschlossen. Dafür habe ich mir jeweils ein paar Tage „Seminarurlaub“ genommen, um mich voll auf die Trainings konzentrieren zu können. Begeistert von den kompakten Inhalten und dem interaktiven Konzept absolvierte ich anschließend weitere Module wie z.B. Business-Moderation und Train the Trainer.
Was für viele InteressentInnen sicher sehr spannend ist, ist die Abschlussprüfung. Was passiert denn in der praktischen und schriftlichen Prüfung genau?
Die praktische Prüfung ähnelt ein wenig den „Meisterstücken“ aus den Modulen. Vorgestellt wird ein Veränderungskonzept, z.B. für die eigene Organisation oder ein Team. Dieses Konzept wird vorab schriftlich eingereicht und zu Beginn der Prüfung kurz mit analogen oder digitalen Medien vor der gesamten Gruppe präsentiert. Anschließend wird in ca. 15 Minuten eine Methode des eigenen Konzepts mit den anderen PrüfungsteilnehmerInnen umgesetzt. Das hat den Prüfungstag für mich zum Erlebnis werden lassen! Ich konnte nicht nur eigene Ideen und Vorschläge testen, sondern habe in den Präsentationen der anderen TeilnehmerInnen auch neue Methoden erfahren.
In der schriftlichen Prüfung kann dann das bereits mündlich vorgestellte Konzept auf etwa 25 bis 30 Seiten weiterentwickelt werden. Dafür sind ab der praktischen Prüfung 10 Monate Zeit. Alternativ kann hier auch ein anderes Thema gewählt werden, so wie ich es gemacht habe. In der praktischen Prüfung habe ich ein Konzept zur Entwicklung von Massive Transformative Purpose, Vision und Mission für ein mittelständisches Unternehmen präsentiert. Meine schriftliche Prüfung beschäftigte sich mit Design Thinking als partizipativer Methode zur Entwicklung einer zukunftsfähigen Unternehmenskultur.
Wie aufwändig war die Prüfungsvorbereitung?
Die Vorbereitung des Konzepts, der Präsentation und der Materialien für die praktische Prüfung hat einige Zeit in Anspruch genommen. Ich persönlich habe diese individuelle Art der Prüfungsvorbereitung aber sehr genossen. Mit Literatur und aktuellen Artikeln zu Organisationskultur und Visionsentwicklung sowie Nachdenken über passende Methoden konnte ich dafür z.B. die Zeit auf meinen damals häufigen Dienstreisen in der Bahn oder während eines Fluges sinnvoll nutzen.
Gab es einen Mehrwert für dich selbst, den du aus der Prüfung gezogen hast?
Mein für die praktische Prüfung erarbeitetes Konzept habe ich anschließend in einem meiner Workshops erfolgreich umgesetzt und ein sehr positives Feedback erhalten. Die Prüfungsarbeit ist also zu einem Tool meiner Arbeit als Organisationsberaterin geworden.
Du selbst hast promoviert und bist natürlich dementsprechend vertraut mit der akademischen Welt. War diese Ausbildung in der Organisationsentwicklung trotzdem eine gute Ergänzung?
In meinen interdisziplinären Studien habe ich ein sehr breites Spektrum an Fachwissen erworben. Diese akademische Basis ist unverzichtbar für meine Arbeit als Beraterin, in der ich verschiedene Ansätze, Techniken und Modelle zur Entwicklung wirksamer Veränderungskonzepte kombiniere. Durch die Ausbildung zum Organizational Transformation Coach habe ich eine Reihe wertvoller zusätzlicher Werkzeuge bekommen, die ich seither gern, häufig und erfolgreich einsetze. Gleichzeitig nutze ich die gelernten Methoden auch in meinen Seminaren an verschiedenen Hochschulen. Dort erlebe ich, wie begeistert viele Studierende davon sind, mit der Bisoziationstechnik neue Ideen zu entwickeln oder Konflikte mit der 3-Spalten-Moderation aufzulösen.
Denkst du, dass auch jemand, der bislang noch keine wissenschaftliche Arbeit geschrieben hat, die Transferarbeit meistern kann?
Auf jeden Fall! Dabei ist es sehr hilfreich, sich vor dem Schreiben mit den Regeln wissenschaftlichen Arbeitens vertraut zu machen. Also z.B. zu wissen, wie man eine logische Struktur der Arbeit entwickelt, Literaturrecherchen effizient durchführt oder regelkonform zitiert. Das ist mittlerweile auch im Selbststudium über Literatur oder Online-Ressourcen möglich. Unterstützung gibt es außerdem von der Betreuerin oder dem Betreuer der schriftlichen Abschlussarbeit, die bzw. der einem von Competence on Top zur Seite gestellt wird.
Wie hast du das Thema ausgewählt?
In der Innovationsberatung arbeite ich sehr gern und viel mit Design Thinking. Deshalb wollte ich mich in meiner schriftlichen Prüfung unbedingt näher mit dem Potenzial dieses Ansatzes für die Gestaltung von zukunftsorientierten Unternehmenskulturen befassen.
Was war die interessanteste Erkenntnis für dich?
Die interessanteste Erkenntnis war für mich, dass vieles, womit ich mich in meiner Dissertation über die Bewältigung von Naturkatastrophen im antiken Mittelmeerraum und im frühen China befasst habe, auf Transformationsprozesse in Unternehmen übertragen werden kann. Das gilt vor allem für die zentrale Rolle der Kultur. Genauso wie kulturelle Faktoren darüber entschieden, ob ein Erdbeben für eine historische Gesellschaft zur Katastrophe wurde oder als Chance zur Transformation genutzt werden konnte, gibt es heute einen engen Zusammenhang zwischen der Kultur eines Unternehmens und seiner Anpassungsfähigkeit an die Bedingungen der vuca-Welt. Auch die wichtige kulturstiftende Funktion von Führungskräften ist mir durch meine Transferarbeit erneut deutlich geworden.
Hast du Tipps für diejenigen, die noch in die Prüfung gehen werden? Was hat dir besonders geholfen?
Die von mir absolvierten Module bei Competence on Top haben mich methodisch und inhaltlich bestens auf die praktische Prüfung vorbereitet. Für die schriftliche Prüfung war mir darüber hinaus wichtig, ein Thema zu bearbeiten, das mich selbst sehr interessiert. Diese Erfahrung habe ich beim wissenschaftlichen Schreiben schon oft gemacht. Daher rate ich allen künftigen PrüfungsteilnehmerInnen, ein Thema auszuwählen, das sie auch persönlich begeistert oder das an die eigene berufliche Tätigkeit anknüpft.
Haben sich deine Erwartungen an die Ausbildung in der Organisationsentwicklung erfüllt?
Voll und ganz. Neben den Inhalten aus den Modulen habe ich sehr von der positiven Lernatmosphäre und dem Austausch mit den anderen Teilnehmenden profitiert, dass ich mich sowohl in den Modulen als auch in der Prüfung intensiv mit meinen eigenen Themen und Fällen auseinandersetzen konnte.
Was ist jetzt anders für dich?
Die verschiedenen Module und die anschließende Prüfung zum Organizational Transformation Coach waren wertvolle letzte Bausteine für meine gerade abgeschlossene Gründung einer eigenen Beratungs- und Trainingsfirma. Zudem hat mich die Arbeit an der schriftlichen Abschlussarbeit zum Schreiben eines eBooks mit dem Titel „Chancen durch die Gefahr“ inspiriert, dessen kürzliches Erscheinen mir nochmals gezeigt hat, dass es eine gute Entscheidung war, diese Ausbildung in der Organisationsentwicklung zu absolvieren.
Wir bedanken uns für die vielen Einsichten in diesem Interview und wünschen allen, die sich auf dem Weg zu ihrem Zertifikat in der Organisationsentwicklung befinden, viel Erfolg und Spaß.
Ein Interview von Magdalena Kirchner-Stephan aus dem Team Marketing mit Dr. Justine Walter. Die Organisationsentwicklerin arbeitet, lehrt und forscht zur erfolgreichen Gestaltung von Veränderungsprozessen. Für Competence on Top bildet sie zudem zum/zur Change ManagerIn aus.
Schlagwörter: Experten-Interviews, Fachwissen, Organisationsentwicklung, Steinbeis+Akademie, Zertifizierung